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Kategorie: Tourtagebuch
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Ein Märchen im Garten (233)

So geschah es und sie sagten „Ja“ zu allen Welten, Meeren und in erster Linie zu sich selbst; der Hofstaat, die Familien gerührt von glücklichen Tränen, folgte ihnen durch den quirligen Sonnentag. Manches Glas Wein ward darin munter vertrunken. Prinz und Prinzessin, charmant, bekannt im Künstlerreich waren fortan König und Königin und sind es bis jetzt: Ein abendliches Stelldichein im Garten des Café Mule bringt die Zeitenwende ins aktive Geschehen. Darin werden Gitarren gelüftet, Knappe Shiva, Narr Pichelstein, die Edelleute umliegender Ritterburgen rüsten sich für die Geselligkeit, bewundern Braut und Bräutigam und wünschen all das Glück dieser Welt.

 

König Vincent (im feinen Ornat) und Königin Tina (vom zart wölbenden Schleier in Weiß bedeckt) eröffnen alsbald Fest und Buffet. Die Schwätzchen aller Reihen geben ein schönes, lockeres Stelldichein, Flüsse von Wein werden verzehrt, Kohlen glühen unterm Suppentopf und Doktor Makarios erhebt sonor die Stimme zu Pratajevs Dichterwerk.

 

The Russian Doctors beginnen mit „Da hält der Wind den Atem an“ – denn wer hätte von diesem Tag, vor langer Zeit, je Wind bekommen, wenn nicht der damalige Prinz seine Prinzessin via Kontaktanzeige kennen und schätzen gelernt hätte? „Suche Schlagzeuger“ lautete diese und gewiss, ja, das ist Schicksal. Denn wahrscheinlich, wahrlich und eigentlich gewiss hatte der Prinz bei Abgabe seiner unspektakulären Annonce eher mit einem durchgeschwitzten, un-heiratbaren Langhaarstudenten aus Leipzig-Connewitz gerechnet. Doch es kam anders, dauerte einige Weiten und Weilen und es wurde gut, sehr gut. So dass Pratajevs Text über die 5 Gebote der Liebe heute erstmals (seit der Hochzeit von Bürgermeister Krupkin in Miloproschenskoje, Jahr und Tag sind nicht überliefert) wieder ans Licht der geneigten Öffentlichkeit gelangt.

 

Das Publikum swingt mit, fotografiert, filmt, applaudiert; vor der Bühne lodert ein imaginärer Zauberspiegel, aus dem fleißige, gute Feen dem Brautpaar Glücksblitze ausrichten. Um die Fabelhaftigkeit an dieser Stelle zu übersetzen: Einer der Glücksblitze hinterlässt die Aufschrift „Zwei Wochen Algarve/Portugal“. Ein weiterer: „Ich muss raus an die Schnapsbar“ – womit die Doktoren ihr kleines Konzert beenden und nach kurzem Weinschwenk die Band Lizard Pool dem Fest im Garten Stoffgebundenheit feinster, britischer Gitarrenklänge vermittelt. „Herrlich, das mal wieder erleben zu dürfen“, sagen selbst Mittezwanzigjährige zueinander und verneigen sich. Der König derweil singt, spielt wie ein junger Gott - im letzten Song trommelt gar die Königin. Was will jedermann mehr? Nichts, gar nichts und somit darf dieser Tag bis ans Ende aller Tage gelobt werden. Der 31. August des Jahres 2011 wird mit diesen Worten selig und heilig zugleich erklärt.