Borna-Pornos und 2x Punkerfrühstück bitte (445)

 

Locker flockig gleitet der Tourgolf durch sonnige Gezeiten. Heute darf „Rock am Kuhteich“ nach zweijähriger Corona-Verschleppung endlich zum 11. Mal starten. Das Wetter-Pendel schwingt fürs Draußenspiel eindeutig auf Doctorenseite. Oder wie DJ Bobo sagen würde: „What a feeling“.

 

Gewandet wie drei Raben wollte man eben noch Tankstellenbockwürste verspeisen, was am Ende nur Doc Makarios gelang. Ein einziger Wurstrest schwamm im Kocher. Immerhin. Zuvor schwamm am Leipziger Dieselhalt gar nichts. Das Angebot unterlag einmal mehr der Nachfrage. Ja, die Zeiten sind hart. Machen wir uns nichts vor: hier wird gehamstert, dort bereits geplündert. Das Gros der Menschheit ist eben das RTL II des Universums.

    

Um einen verborgenen Leipzig Land-Ort namens Neukieritzsch, Heimstatt des Kulturpark Deutzen, zu erreichen, muss das Speicherbecken der Bornaischen Adria ins Visier genommen werden. Darinnen dürfen allerdings keine der berühmt-berüchtigten Borna-Pornos (BP) auf unverschämt teuren Jachten gedreht werden. Baden und Betreten des Uferbereichs ist beschildert streng verboten.

 

Mit streng kann einiges gemeint sein. Der Duden spricht: „Streng. Nicht durch Nachsichtigkeit, Milde, Freundlichkeit gekennzeichnet, sondern eine gewisse Härte, Unerbittlichkeit zeigend.“ Welche drakonischen Strafen seitens der Bergbaubehörde für einen Borna-Porno-Dreh (BPD) anfallen, lässt sich letzthin nicht mehr herausfinden. Vielleicht ein Borna-Pain-Porno-Dreh (BPPD). Nun aber genug der schlüpfrig swingenden Insider-Abschweife.

 

Das Festivalgelände ist erreicht, Kuhteich-Impressario Lutz führt die Doctors durchs bunte Treiben. Ein Opener namens Liedfett dröhnt von der Hauptbühne, Marken und Pässe werden verteilt. Futterduft strömt durchs Backstage, das pawlowsche Glöckchen bimmelt hart. Bockwurst für alle! Und so vieles mehr. Randvoll werden Teller geschaufelt, zungeschnalzend Porzellanabgründe erreicht.

 

 

 

Nächster Tagesordnungspunkt: Biergartenbühne inspizieren, Freundschaft mit den Technikern schließen, Punkerfrühstück einnehmen (wer es nicht kennt: Pfeffi plus Bier). Auf der Running Order sind die Docs für 22:00 Uhr vermerkt. Noch lockere zwei Stunden hin; eine davon muss mit Bühnenaufbau und Soundcheck vergehen.

 

Was ansonsten höchstens 15 Minuten dauert, überfordert das Technik-Duo. Vor ihnen der Frequenzmixer, der kaum noch Knopfwerk zur peilenden Verfügung vorhält, dafür schallanalytisch schön bunt flackert. Da lobt man sich ein gutes alten Endgerät aus den 90ern herbei. Mit Schaltern und Zahlen. Man war lediglich bemüht, den PA- und Monitorsound passend anzuschieben und die einzige Schwierigkeit bestand daran, benutzte Kanäle nicht zu muten. Aber gut. Getreu der alten Eishockeykamelle „Work hard, play smart“ vergoldet sich das Geduldsspiel und die Docs stehen tatendurstig am nächsten Gastropavillon. Während Bratrost- wie Fritteusen-Schwaden nach Nebelmaschinenart durchs Oval ziehen.    

 

 

 

Los geht’s. Ein Intro gibt es (technikerseits) heute nicht, so starten die Docs mit „Da hält der Wind den Atem an“ ihr auf eine Stunde heruntergekürztes Kuhteich-Set. Frank „The Tank“ reicht Doctor Pi ein weiteres Punkerfrühstück. So dauert es nur kurz, bis sich der nächste Schnellgitarren-Rekord für den Briefkopf einstellt. Große Ovationen gibt’s dafür, Applaus, dieses Gefühl dabei: unbezahlbar.

 

Doc Makarios dirigiert die Pratajev-Show nach Art der Herzensdinge, die sich nicht erklären lassen, denn das Herz macht eh was es will. Das Publikum gehört eindeutig zum Stamm der Durstigen und hat Schnapslaune, Kuhteich-Becher werden gemolken. „Rock on“ gerufen, und was noch alles.

 

 

 

Schließlich ist der Siedepunkt beim „Gärtner“ erreicht. Noch einmal schwillt der Applaus an, auf der letzten Rille läuft die „Schnapsbar“, die – trotz Namensanklang - rein gar nichts mit dem nächsten Bühnenact am Hut hat.

 

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Bilder 2-3: Carsten Rothe