Open Air (bei Wetter) (283)


Sonne, Sonne, Sonne – nur je näher man der Hauptstadt kommt, umso düsterer wird’s am Horizont. Stürmische Winde geleiten beide Doctoren gen Brandenburg. Erst über Fürstenwalde ist der Anfangszustand, unterm Gepiepe der Waldspitzenbewohner, wieder erreicht. Angekündigt ist ein heißes Eintagesrennen im Parkclub. „Open Air (bei Wetter)“ verspricht die Veranstalter-Homepage. Fürst Fedja reist aus Belarus an; 200-Gramm-Vodkatassen, versehen mit dem Konterfei der T-Shirt-Reihe, im illustren Gepäck. Und noch immer wird darüber sinniert, ob nicht doch Unterhosen (männlich) mit dem Aufdruck „Der Böse“ oder „Der Arme“, respektive weibliches Slipwerk („Beim Bücken“, „Tote Katzen im Wind“ usw) in die Produktion gehen sollen. Möglichst aus Biberfellimitat hergestellt. Na, wer weiß.

 

Am Club schwitzen die Menschen. Eben erst wurde die komplette Bühne von draußen nach drinnen verlegt. Doch nein, drinnen wär’s ein Fest für schleimige Arme, so schwülfeucht wabern die Luftmassen an der Schnapsbar vorbei. Blitzmeldung via Deutschlandradio-Kultur, doch eher über Facebook in alle Handygalaxien: „Durchnässtes Blätterdach, Regen der nicht angekündigt war und eine ebenso "sichere" Prognose auf Nieselwetter haben uns gezwungen die Russian Doctors erneut im Parkclub auftreten zu lassen. Unsere Dekopläne können wir zum Teil trotzdem noch realisieren. Dazu bedarf es allerdings helfender Hände (…)“. Doch die besten Prognosen taugen heute glücklicherweise nichts; Doctoren wollen, erstmals überhaupt hier im Sommer zu Gast, draußen bleiben und dürfen es schließlich auch. Alles wieder raus und neu aufgebaut. Pichelstein zutscht (lernt immer noch fleißig sächsisch in der Fedja-Makarios-Schule) am Astra und guckt alles andere als gäkig. Heutige Aufgabe: Herausfinden, was eine „Hornstsche“ ist. Erst mal das Gelummbe aus dem Auto zur Bühnenfeuchte schleppen, einen leicht nachlässigen Soundcheck hinlegen, danach sich mit Mückenspray eindieseln und warten, was passiert. Herbeigeeilte helfende Hände, groß und klein, stopfen derweil Fackeln in die Erde, dekorieren das Bühnenrund mit herrlichen Phänomenen, Parkclub sei Dank. Sehr schön sieht’s aus.

 

 

Pratajev-Freunde, herbeigeeilt aus vielerlei Orten, gar aus Magdeburg, strömen zum Fest. Fürst Fedjas Belarus-Leibschnaps wird gereicht. Die Produktion nachbarschaftlicher Reserven hinkt allerdings, denn der Schnapsbrenner sei neulich vom Balkon gefallen. In welchem Zustand ist leider nicht überliefert. Am Merchstand setzt unterdessen der Löffel-aus-Holz-Absatz ein; Kongresstickets werden veräußert. Besser man hat, als man hätte und in Besitz so einer abwaschbaren Karte gibt es ja auch keine Ausreden mehr. Spätestens am 28.September sieht man sich im Garbisdorfer Quellenhof wieder.

 

 

Banja-Experte Eademakow, vorvormaliger Preisträger des gesellschaftlichen Forschungspokals „Der Wanderer“ wird zwar noch vom Bahnhof abholt, dennoch beginnt das Konzert. Und da der Soundcheck eher nachlässig begangen wurde, springt die „Schöne aus der Stadt“ ein wenig aus den Fugen. Ein paar Pegeldreher später, wissen beide Doctoren schließlich, was sie auf der Bühne so von sich geben. Recht rasch ergibt sich der ein oder andere Pichelstein-Sprint, doch da keine Pause eingeplant ist, behält sich der Gitarrendoc die abendliche Krönung mal für später auf. Der Schnaps fließt in Bächen, das verehrte Publikum vergnügt sich. Wären die leckeren Waldtiere nicht so scheu, hätten sie fein mitgefeiert. Doch wo Menschen sind, steht meistens auch ein Grill. Und neben all den sächsischen Wörtern, die Pichelstein im Laufe der Nacht noch lernt, taucht erstmals die Wortschöpfung „Makariosmus“. Was sie genau bedeutet, nun, das kann der Sangesdoctor selbst erzählen.