Das wichtigste Turnier der Welt: Die Bulbash-Masters, Volume II (436)

 

Auf in den Leipziger Industriepark West, auf nach Plagwitz. Erneut geht es für die Docs in die Stallwache, ein Ort mit nostalgischer Sogkraft, treu wie Gold. Ist erst die Phalanx vorbeiziehender Bagaluten rund ums Westwerk überwunden, öffnet sich das Tor zur Gemütlichkeit. Im Speziellen das des wichtigsten Turniers der Welt, den Bulbash-Masters in der bereits II. Ausgabe.

 

 

Ja, heute ist ein guter Tag um rigoros trunkig zu werden und Warten darauf das Ärgste. Als Doctor Pichelstein die Backline treppauf schleppt, befüllt Frank The Tank Förster bereits mit größter Hingabe Wodkagläser auf hölzernen Einlasstabletts. Merke: gute Abende beginnen nie mit Sauerkirschsaft.

 

Das Head of Equipment-Management leistete schon beachtliches; Tische und Stühle sind gewienert, bald schon einkehrendes Publikum wird ihr Weckruf sein. All das dank 3-G-Regel, ohne die gerade live wenig geht. Wobei nicht verschwiegen werden sollte, dass Pichelstein mittlerweile bereits dreifach corona-geimpft wurde. Viel hilft viel. Vor allem, wenn man hauptberuflich mit nicht wenigen Menschen zu tun hat, die einerseits Angst vor Corona und andererseits noch mehr Angst vor inhaltsschwangeren Spritzen haben. Aber ist es nicht so?: Wenn einen das Leben bereits genug frikassiert, möchte man sich beim Ausführen des Immunsystems nicht auch noch eine absolut vermeidbarere Krankheit einfangen.

 

 

 

Der vornehmlich aus Hopfen gebraute Kaltgetränke-Support schmeckt zur Pizza, da ist die Bühne längst aufgebaut und der Soundcheck erledigt. Zwischendrin wurde Weihrauch entzündet und dem Major Label heftig gedankt. Denn: die CD-Auflage der „Schönen und Bösen“ ist endlich da. Auch das LP-Vinyl lässt in gesegneter Auflage nicht mehr lange auf sich warten; anzuschauen ist es schon, heute fehlen zum Erwerb nur die Download-Codes. Wenn sich dann noch die Gärtner-EP (mit Bonustracks, Potz Donner!) dazugesellt, muss ein Schwein geschlachtet werden. Ein ganz großes, von Geburt an mit Eicheln und Kastanien gefüttert.

 

Die Stallwache füllt sich. Nebenan ist Nylon-Nirwana, sprich: maskierte Erstsemesterinnen stehen leicht verkrampft, auf Harmonie getrimmt, mit ihren später gekorbten Dudes vergeblich Schlange vor einem DJ-Aufziehpuppenmusik-Event. Hinein kommen sie nicht; gemeinhin sinnvoller könnte der Abend z.B. mit Bibelübersetzen ins Sächsische verbracht werden. Oder eben in der Stallwache, wo Paschka Parlierowna den Docs eine bulgarische Impfertasse mit Putin-Motiv überreicht und der Preis für die weiteste Anreise an die Pratajev-Freunde Oranienburg übergeht. 

       

 

 

Schlag 20:30 Uhr eröffnet Turniermagnat Doctor Makarios die Bulbash-Masters. Noch rasch alle Fenster schließen, denn draußen hält sich ein jaulender Sitar-Virtuose für die Reinkarnation des Kiffergottes Ravi Shankar.  

 

Da hält der Wind den Atem an! Pichelstein legt mit One-Touch-Kombinationen, klugen Akkordpässen auf der Erlenholzgitarre los. Die Finger greifen eh hin, wo sie wollen und treffen mit Bravour. Cocktails, Wodkatabletts leeren und füllen sich fast gleichzeitig. Wiege Deinen Rumpf! Entfesselt geht es in die erste Pause und später zu „Gefesselt“ über. Vorher hagelt es Weltpremieren, die neue Platte will liebend gerne präsentiert werden.

 

Tote Katzen im Wind! Schnapsbar! Der Chor der Weisen brilliert und als Makarios eine zweite Pause ankündigt, um dem Zugabeblock späterhin große Ausdehnung zu schenken, wischt sich Pichelstein dankbar Schweiß ins Handtuch. Bereits jetzt sieht der Olympiasieger im Schnellgitarrespielen aus, als hätte er (baff!) ein Peitschen-Workout mit der unvergleichlichen Pamela Reif hinter sich.

 

Der Tierarzt! Der Raucher von Bolwerkow! Der Abend! Als das Eis kam! Fast jeder Zugabewunsch wird im letzten Set erfüllt. Die Finger brennen, die Stimmen sind rau und durstig, sodann es mit der Walzer-Schnapsbar schließlich in die Zielgerade geht. Ein Durchkommen zur Theke ist kaum möglich - und das muss auch so sein beim wichtigsten Turnier der Welt, den Bulbash-Masters. Wir hoffen sehr auf eine Fortsetzung. 

 

 

Bilder: SEBsixsixsix, Oberschwester Katrin, Paschka Parlierowna

 

Pucks und Bälle an der Schnapsbar (435)

 

Es ist Hoodie-Wetter, bald schon Herbst, und der ist längst in die Balkon-Tomatenplantagen eingezogen. Wäre man auf dem Land, würden einem die Kühe sehnsüchtiger als Melkerinnen hinterherschauen. Doch heute geht es für die Docs nach Leipzig-Plagwitz, wo das Lieblingstier eines jeden Wirtes immer noch der Zapfhahn ist. Wo dünne Männer mit Sternburger-Flaschen in Händen auf dem Konsum-Bürgersteig am Westwerk hocken. Dünne Männer, die nach Lauchsorten benannt werden sollten. Solange das nicht geschieht, nennen wir sie eben Mürbeteich-Manni, Lodden-Toni oder Rocko Ravioli. Männer, denen die Tyrannei der Ambitionen irgendwann in den 1990er-Jahren abhandengekommen sein muss. Obwohl sie erst Mitte 20 sind. Auch Frauen sind auszumachen, Frauen mit harter Skepsis im Gesicht, sich einen Outdoor-Schnaps auf der Zunge zergehen lassend. Ihnen zu nahe zu kommen wäre fatal.

 

Wer Leipzigs Polizeiticker verfolgt, wird immer wieder lesen: in schwach beleuchteten Ecken sollte man nach 22 Uhr weder mit einem iPhone12 noch mit schicken Sneakers und einem frisch gekauften Döner lustwandeln. Kann dazu führen, dass eine „Gruppe Unbekannter“ auf Herausgabe aller Sachen pocht. Dabei sehen die Members of Unbekannt gar nicht so aus wie eine Horde Hells Angels-Abgesandter. Aber die Menge macht’s - und schon kommen wir wieder zu erfreulichen Dingen. Denn wo starker Schatten ist, da ist viel Licht. Um Goethes Götz von Berlichingen den Satz im Munde umzudrehen.

 

 

 

Licht an in der Stallwache! Die 3-G-Regel macht’s coronakonform möglich. Anlass: Ein heroisches Aufkommen. Die exklusive Russian Doctors-Lesestunde „Pucks und Bälle an der Schnapsbar“. Denn Doctor Makarios und Doctor Pichelstein lieben es, ihrem großen Pratajev-Vorbild gleich und wodkabeseelt anderen bei der sportlichen Arbeit zuzusehen. Gern beim Fußball und sehr gern beim Eishockey.

 

Doctor Pichelstein übernimmt Eishockey, den härtesten und schnellsten Mannschaftssport der Welt. Genauso wie es sich für den ebenfalls schnellsten Akustikgitarristen der Welt gehört. Wenn es heißt: „Ein Schuss übertriebene Härte kann nie schaden“, ist er zur Stelle. Besonders dann, wenn die Strafbank an der Theke verortet ist. Doctor Makarios übernimmt Fußball. Schon als kleiner Junge brüllte er sich im Fanblock von Motor Lindenau die Stimmbänder heiser und bekam dadurch eine schöne Sängerstimme. Noch wartet die Fachwelt, nach all den Pratajev-Büchern der letzten Jahre, sehnsüchtig auf ein ballrundes  Debüt.  Das fast fertig geschriebene Meisterwerk „Fußball ist kein Wunschkonzert“ liegt aber bereits in der Schublade und handelt von einer Mannschaft, in der viel Charakter steckt. So viel, dass es sich überschwänglich lohnt, auf einzelne Spielertypen einen tiefen Blick zu werfen. Auf den Elfmetertöter, den Eisenfuß oder das falsche Kopfballungeheuer. Auch der Chancentod kommt nicht zu kurz. Lassen Sie sich einwechseln für diesen sportlichen, garantiert feucht-fröhlichen Abend. Springen Sie über die Bande oder lassen Sie sich von einem hübschen Ballmädel oder einem Balljungen ins Stadion Stallwache führen.

 

 

 

Tja und mit diesen Worten ist bei eingeschalteter Mikrofonierung eigentlich schon alles gesagt. Zur Umsetzung nur noch so viel: Mit Zitronen-Pfeffi zwischen zwei klirrenden Kaltgetränken á la Schmo liest es sich besonders gut … Das Publikum dankt mit artigem Leseapplaus, verfolgt vom unbezähmbaren Wunsch auf einen Vollrausch am späten Donnerstagabend. Don Bulbash freut’s und der Shaker spielt unser Lied. Wobei mit „Shaker“ kein ritueller Gottes-Schütteltänzer einer christlichen Freikirche, die aus dem Quäkertum hervorging, gemeint ist. Sondern dieses Stainless-Steel-Gerät für leckere Cocktails.

 

Wir sehen uns wieder in der Stallwache am Samstag, den 02.10.2021. Anlass diesmal: Die II. Auflage der Bulbash-Masters mit den Russian Doctors. Gelesen wird nicht. Dafür wild und heftig konzertiert. Jajaja! Lasst es Euch nicht entgehen! Das wäre schlimm! 

 

 

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